[Der Darpatische Landbote]Numero 14 (Ron 1023 nBF/30 Hal/März 2000), S.13:

Bergtann

Literaturliste


An S.E. Kastellan Balian v. Imbert-Binsböckel
Feste Efferdsträne, Effora, Efferdstränen

Lieber Vetter Balian

ich schreibe Dir während der Tage des Namenlosen, in der Hoffnung, daß Dich dieser Brief über Dergelmund in angemessener Zeit erreicht.
   Diese Tage unterscheiden sich erheblich von den letzten, die ich erlebt hatte. So kurz nach der Dämonenschlacht waren wir so mit Arbeit überlastet, daß wir beinahe die Stürme und Gefahren nicht wahrhaben wollten. Wir fielen nur selten in Schlaf, und erst ein Bote aus Rommilys machte uns klar, welches Risiko wir eingegangen waren.

Diesmal haben wir uns bemüht, aus allen Zelten unseres Lagers ein großes zu schaffen. Kranke, Geweihte und Begleitmannschaften drängen sich übereinander, doch ich habe den Vorteil, einen kleinen Tisch zu besitzen, auf dem ich diese Zeilen schreibe. Es erinnert mich an den Andrang unserer Verwandten auf Castell Imbert nach dem Oger-Zug. Ich vergesse manchmal, was aus ihnen allen geworden ist.

Hatte ich Dir von der netten aranischen Söldnerin geschrieben? Nun, sie wird wieder das Lager verlassen, um in ihre Heimat zurückzukehren. Schade!
   Der Sturm wird, während ich das schreibe, wieder heftiger. Ich will nicht hoffen, daß diese Nacht die Schergen der Heptarchen dies für einen Angriff nutzen, aber manchmal habe ich den Eindruck, daß selbst sie Angst vor dem Namenlosen haben. Allerdings befürchte ich momentan eher einen sehr derischen Sturm, denn ich habe einem der Korrespondenten des Darpatischen Landboten Rede und Antwort gestanden, und auch wenn alles gut gemeint war, haben mir bereits einige Angehörige der Travia-Kirche Prügel oder Schlimmeres angekündigt. Die Kirche hat sowieso an Macht gewonnen, seit ihr Rommilys gehört.

Vor kurzem zog der Cron-Marineadjutor Oppstein mit seiner Eskorte an unserem Lager vorbei. Ich wollte unseren Kommandanten fragen, ihn um Hilfe zu bitten, doch der zog es vor, mit diesem feinen Herrn zu tafeln. (Es gibt böse Gerüchte, daß der Oppstein in der Nähe der ermordeten Baronin von Vellberg gesehen wurde, bevor sie ihren Weg zu Boron antrat. Ich will es nicht hoffen, denn für Deine Position auf Efferdsträne ist dieser hohe Herr ja außerordentlich wichtig.) Schreib mir bitte, wie er sich auf der Insel aufgeführt hat.
   Den einzigen Grund seiner Reise vermute ich in den ständigen Forderungen nach Eigenständigkeit in der Landgrafschaft. Je mehr sich gen Firun Rabenmund und Bregelsaum befehden, um so mehr wird hier der Ruf laut, einen neuen Herrn zu finden. Eindeutige Vorstellungen, wer das sein könnte, hat wohl keiner, es ist eben so ein Gefühl.

Ein weiteres Problem sehe ich jeden Tag vor mir: es sind die Flüchtlinge.
   Dabei meine ich weniger solche aus unserer Heimat (Tobrien), auch wenn aus anderen Regionen von großen Schwierigkeiten berichtet wird. (Vermutlich sollten sich die Streithähne ein Beispiel an der mir namentlich nicht bekannten almadanischen Baronie nehmen, die sogar 4000 unserer Landsleute aufgenommen haben soll. Sämtliche Nachforschungen bei der tobrischen Kanzlei haben mir allerdings nicht deren Lage mitteilen können.) Diesmal meine ich die Flüchtlinge aus den rahjawärtigen Gebieten Darpatiens. Die verlorene Heimat vor Augen, werden sie zu einem Ärgernis. In abfälliger Weise nennt man sie nach der Richtung, aus der sie kommen, Rahjis.

Gut, einige sind bei den Freischaren untergekommen, die an der Front kämpfen, doch der Rest ist zum Spielball einiger Machthaber in den rückwärtigen Baronien geworden.
   So wird den landlosen Rahjis Land in unfruchtbaren Gebieten unter Auflage höherer Pachten gestellt, die diese unter Aufbringung aller Mittel zahlen und sich damit den Haß der eingesessenen Pächter und Unfreier einbringen. Sie werden ausgeplündert und unterdrückt.

Ein bedauerliches Phänomen ist auch die Jagd auf Spione und Sendboten der Heptarchen. Jeder Rahji gilt fast automatisch als solcher und wird sorgfältig kontrolliert. Ein falsches Wort, und er steht einem Mob aus Eingesessenen gegenüber. Neulich sah ich einen solchen Trupp und fühlte mich an eine Horde Oger erinnert.

In den wenigen Flüchtlingslagern kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, die die Bezeichnung »Rahjis« noch böser klingen läßt.
   Damit meine ich nicht die freiwillige Rahja-Verehrung, die für viele eine gewisse Flucht aus dem momentan tristen Leben bedeutet. Nein, ich nenne es Vergewaltigung und Rahja-Frevel! Für jeden eingesessenen Dorfburschen bedeutet ein Rahji-Mädchen Freiwild, aber auch manche kräftige Bäurin hat sich unter den Rahji-Jungen schon ihre Zerstreuung geholt.
   Wenn mir einer dieser Kerle oder Weiber in die Hände fällt, ist Golgari hoffentlich schneller als jene Methoden, die ich beim Khom-Feldzug kennenlernte!

Aber ich will nicht schwarzsehen. Wenn man sich unser Lager anschaut, wo Mittelreicher, Aranier, wenige Liebfelder und Novadis zusammenarbeiten, dann weiß ich, daß es eine Art Hoffnung gibt. (Auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftige Personen gibt, oder kannst Du Dir einen Novadi mit dem mittelreichischen Namen Klingner vorstellen? Der Grund für diese Namenswahl ist die Ursache für ständige Wetten.)

Seit kurzem sind übrigens in der Umgebung unseres Lagers weitere Golgari-Statuen entstanden, ich will hoffen, daß das nicht zu weiterem Unfrieden führt, denn unsere Boronis sind ja bekanntlich dem hohen Raben von Punin treu.
   Aber ich möchte jetzt mit Schreiben aufhören, denn eine kleine Aranierin will sich noch »verabschieden«.

Mit dem Segen der Zwölf und »Nächstes Jahr in Ysilia«!

Drogo von Imbert-Binsböckel am ersten Tage des Namenlosen im Jahre 29 Hal

Hoch

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