Ankunft in Dorf Trollingsvenn

Ende Tsa - Anfang Phex 1025 n.B.F. (32 Hal)

Endlich stießen sie auf einen matschigen Weg, auf dem Spuren von Mensch, Tier und gezogenen Lasten kreuz und quer ineinander liefen. Unter den Schneeflächen zu beiden Seiten erahnten sie Äcker und Felder.

Vor ihnen öffnete sich ein Tal mit Hütten, die sich um ein größeres Blockhaus scharten, dünner, heller Rauch stieg aus den Rauchfängen auf.

Ein Mann und eine Frau, Holzfälleräxte geschultert, kamen ihnen entgegen und passierten, mit neugierigen Blicken und in Travias Namen grüßend, eine alte Frau, rüstig mit Stock und leerer Kiepe auf dem Rücken, murmelte ein "Ifirn zum Gruß". Magere Hunde und Schweine scharrten im Schnee nach Freßbarem, dazwischen tollten Kinder herum, die ebenfalls neugierig den Fremden entgegensahen. Die Leute im Dorf unterbrachen ihr Tun, beobachteten die seltsame Gruppe, tuschelten und hoben dann doch lächelnd die Hände zur Begrüßung.

Aus einer größeren Hütte stürzte ein rundlicher Mann in vage erd- und ockerfarbenen Gewändern, die vor langer Zeit einmal, vielleicht aber auch nie orange gewesen sein mochten. Dennoch unverkennbar ein Geweihter der Travia. Seine Statur erinnerte Vayenne an einen Krieger, sein Bauch eher an den Wirt eines gutgehenden Gasthauses. Schwarze Locken ringelten sich um ein rundes, gerötetes Gesicht, ein schwarzes "Ziegenbärtchen" kräuselte sich unter einem verschmitzten Lächeln, das sich zu einem breiten Lachen auseinanderzog, und herzlich begrüßte Vater Segobert die Wanderer.

Inzwischen war eine Traviageweihte mit rotblonden Locken, ein Wolltuchbündel auf dem Arm, hinzugetreten. Etwas zurückhaltender, aber freudig streckte Mutter Reglinde, sacht das leise greinende Bündel auf ihrem Arm schockelnd, der Ifirnja die Hand hin. "Willkommen in Trollingsvenn!"

Das große Blockhaus inmitten des Dorfes sei der Tempel der Travia, erklärte Vater Segobert, gelegentlich jedoch auch der Peraine, Ifirn, gegebenenfalls des Boron und sogar der Rondra. Die Venner schmückten ihn mit Tannengrün und Schnitzereien, im Frühling mit Blumen.

"Wenn Ihr im Tempel oder auf dem Dorfplatz" - welcher von den großen Flächen zwischen den Häusern mochte das sein? überlegte Vayenne - "eine Messe zur Ehren Ifirns abhalten wollt, seid Ihr willkommen."

"Wir werden sehen!" erwiderte die Ifirnja. Vor allem wollte sie wissen, wie das Leben in Trollingsvenn sei, mit welchen Fährnissen man es zu tun habe, wer der derische Herrscher sei und ähnliches mehr.

Das Leben sei hart, gab der Traviageweihte geduldig zur Antwort, wie kaum anders zu erwarten im wilden Gebirge. Noch Mitte Tsa hätten sie Hunger gelitten, und einige Kranke seien über Winter gestorben. Das sei eben so, konstatierte er bitter. Gleich darauf lachte er wieder: aber einige mehr seien wieder gesund und munter, und insgesamt sei das Leben hier gar nicht so schlecht.

Fährnisse? - Viele, wie man sie in den Bergen halt treffe, dazu noch "Kroppzeug" aus den "Verfluchten Landen".

Die derische Herrschaft? - Der Traviageweihte lachte herzlich auf. Eine Vögtin sei nominell für Hengefeldt eingesetzt, eine "Wehrvögtin" für Vellberg. Er selber habe bislang weder die eine noch die andere noch sonst eine Herrschaft zu Gesicht bekommen.

"Die Bauern und Jäger der Trollzacken sind frei", erklärte er ernst, fast stolz, "sie scheren sich nicht um Herrschaften, die sie nie zu Gesicht bekommen. Die Trollingsvenner sind alles Flüchtlinge, die ihr Land und Leben selbst verteidigt haben. Der Pretor des hiesigen [lex8x10.gif]Kolonier Stammes der [lex8x10.gif]«Caterver» fungiert als eine Art Schultheiß im Trollingsvenn, ein Magier und eine Therbûnitin unterhalten ein kleines Spital im nächsten Dorf, eine Händlerin treibt Tauschhandel mit fast jedem, der etwas zu tauschen hat, und seit 29 sorgen meine Reglinde und ich für Leben, Labsal und einigermaßen", er grinste, "traviagefällige Ordnung hier."

Der Boronanger lag ein Stück hinter der letzten Hütte des Dorfes, verborgen hinter Büschen und niedrigen Kiefern. Einfache Kiefernbretter mit Boronsrad bezeichneten die meisten Gräber, nur hier und da standen grob behauene Steine, noch weniger waren mit Kieseln oder Tannenreisern eingefaßt.

 

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