Literatur: Material aus dem und für das Rollenspiel

Kurzinformation:

Ort: Effora, Efferdstränen, Lacrimai Liberai
Zeit: Mitte Firun 1029 n.B.F. (36 Hal, 2006 n.Chr.)
Personen:
- Aborin Asindajin
- König Malik
- sowie Baasdja Halita, ein Schreiber, ein Hahn, ein Maulesel und eine Nuß.
Hintergrund:
Der neu eingesetzte kaiserliche Marschall der Wildermark, Ludalf von Wertlingen, lud Anfang Firun 1029 n.B.F. per Sendschreiben alle Herrschaften aus der Wildermark sowie dem Umland zum Kriegsrat auf Burg Hallingen (Norddarpatien). Aborin Asdindajin, der just zu jener Zeit durch Süddarpatien reiste, wurden zwei Abschriften zugespielt, die er eiligst in die Heimat brachte.

Abenteuer in Hallingen (I)

Wie die Nachricht vom Hallinger Kriegsrat auf die Inseln kam

- von Marianne C. Herdt -

Die kam ihm gerade recht. Er blieb stehen, konzentrierte all seinen Ärger auf das kleine Ziel und und trat zu. Zufrieden beobachtete Aborin, wie die Nuß in hohem Bogen davonflog. «Ai, Mann.» lobte er sich, und tatsächlich: er fühlte sich wieder gut. Energisch setzte er seinen Weg fort.

Jeder wäre angesichts dessen, was Aborin heute bereits erlebt hatte, verärgert gewesen:

Gestern Abend war er im Novkorener Hafen angelandet, müde und erschöpft von der kabbeligen See - drei Tage hatte die Reise gedauert - und vor allem zu spät, noch jemanden zu stören. Von den üblichen Krakeelern abgesehen, war bereits Ruhe in Novkorene eingekehrt.
   Heute morgen hatte er sich in aller Frühe, kaum, daß sein Hahn gekräht hatte, auf den Weg gemacht. Gut, gut, der Hahn hatte mal wieder etwas länger geschlafen, der Betrieb am Hafen war längst wieder erwacht, aber er war doch ziemlich früh losgegangen, hatte sich Fladen und Mus gekauft, mit Baasdja Halita ein Schwätzchen gehalten und anschließend rasch gefrühstückt. Zu angemessener Zeit hatte er sich dann auf den Weg zu König Malik gemacht. Soweit so gut.

König Maliks Winterresidenz ist in Casaiad, nebendran ist das blaue Haus der Boramins, und auf der anderen Seite das Haus, in dem Aborin vor nicht allzu langer Zeit auf der Festa von Maiandra war, der hübschen Tochter von Tiran und Eleanna. Nicht, daß die anderen Töchter nicht auch hübsch wären, von den Söhnen mal zu schweigen, aber ... Nun, jedenfalls ist König Maliks Residenz praktischerweise in Casaiad und nicht, wie noch im Sommer, dwars radscham ab an der Küste. So hatte Aborin (fast, sieht man von dem störrischen Vieh von Maulesel ab, dem auf halber Strecke einfiel, es könne ein wenig grasen) keine Mühe, dorthin zu gelangen.

König Malik hatte ihn sehr aufgeräumt in seiner Empfangshalle empfangen (wo sonst), und eingeladen, sich zu setzen und von der Fahrt zu berichten. Selbstverständlich gab es leckere Ove, Fischkrippi und Weinwickel mit den üblichen rosa und grünen Stippsalsen und Wein.
   Wenn König Malik guter Laune ist, ist er ein prima Gastgeber, dem man alles erzählen kann und der immer einen guten Rat weiß. Genau darum ist er ja König geworden.
   Es verging also einige Zeit, in der Aborin haarklein und immer schön der Reihe nach von seiner Reise zum und auf dem Festland erzählt hatte. Hätte er König Malik die ganze Geschichte als Artikel geschrieben, hätte er sich wesentlich kürzer gefaßt und noch am selben Morgen angeln gehen können. Aber König Malik wollte eben allerlei Details hören, wie es in Dergelmund stehe, wie weiter im Inland, ob viel Eis auf dem Darpat sei, wie die Fischpreise stünden, und ob er diese oder jene Fedjas und Baasdjas getroffen hätte und wie es ihnen gehe ...

Endlich, es war schon später Vormittag, war Aborin zum Grund des Besuches gekommen. Er hatte eines der Schreiben, die er in Dergelmund erhalten hatte, hervorgezogen und König Malik gereicht. Der hatte es gelesen, sich am Bart kratzt und gemeint: «Soso. Du weißt, was drinsteht?»
   Natürlich hatte es Aborin gewußt und König Malik hatte ebenso selbstverständlich gewußt, daß Aborin es gewußt hatte. Aborin ist schließlich ein guter Nachrichter. Aber ein bloßes «Soso.» wäre etwas arg wenig Kommentar gewesen und außerdem zeigt man mit Fragen Interesse an der Meinung anderer. König Malik ist ein prima König.
   Trotzdem war Aborin etwas enttäuscht gewesen und er sagte das König Malik auch. Er schilderte ihm, was er davon im Hinblick auf die großpolitische Lage hie und dort hielt, woraus sich was seiner Meinung nach wozu entwickeln könne und daß es doch sicher ratsam sei, sich auch um die Spinner am Dergel zu kümmern.
   Aber König Malik hatte beschlossen, der Sache keine weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Sollten diese Leute dort, so weit weg von der Küste, doch erst einmal ihre Sache unter sich regeln.
   Also hatte sich Aborin verabschiedet und auf den Weg zur Festung gemacht, um das zweite Schreiben zur Admiralissima zu bringen. Manchmal war ihm König Malik einfach zu gelassen.

Auf dem Weg dorthin hatte ihn der Eifer seines Huftieres beinahe zur Weißglut getrieben. Ganze vier Mal war das störrische Ding stehengeblieben. Als er schließlich den Trutzbau erreicht hatte, war es früher Nachmittag. Die Admiralissima war nicht da, wo sie sei, hatte man ihm nicht sagen wollen, und ihr Secundo hatte zu tun und war nicht zu stören. Also hatte Aborin sich zum Schreiber reingesetzt, eigentlich auf einen Schwatz, aber letztendlich nur zugesehen, wie der irgendwelche Listen durchging, Rechnungen aufschrieb und dabei sehr unglücklich aussah. Als ihm das dann langweilig geworden war, und weder die Admiralissima auftauchte, noch ihr Secundo Zeit für ihn fand, hatte er das Schreiben auf den Tisch des Schreiber gelegt und sich verabschiedet.

Aber als er vor das Tor getreten war, was hatte er gesehen? Nichts. Das Drecksvieh hatte seinen Strick vom Pflock genagt und war weg. Also lief Aborin nun zu Fuß zurück nach Novkorene. Scheißtag.
   Da kam ihm die Nuß da vorne gerade recht. Das hätte sie wohl gerne. Einfach mitten auf dem Weg liegen und vor sich hin gammeln. Na warte ...


Erzählungen "Abenteuer in Hallingen"

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Impressum -- Text, Graphik & Layout © 1999-2007 Marianne C. Herdt, Tübingen. Quelle: Briefspiel. (From: M. C. Herdt, Date: Tue, 1 Aug 2006, Subject: [wildermark] Kriegsrat - Präludium - Effora 1). Die Bilder und Texte dieser Domain unterliegen den urheberrechtlichen Schutz und sind nur zur privaten, nichtkommerziellen Verwendung freigegeben. Jede Art der Reproduktion, sei sie manuell, mechanisch oder digital (Ausgenommen hiervon ist die Verwendung zur Ausgestaltung privater Rollenspielrunden) sowie Verbreitung in jeglicher Art unterliegt dem Einverständnis der jeweiligen Urheber. Letzte Änderung: 2007-07-30.