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Allerley Hanndwerck und Wissenswertes

17: Alchemie in Fürstlich Knoppsperg
Eine Geschichte um Transmutationen mit wissenschaftlicher Erklärung

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(Autor: Norbert Karg, 2004, Quelle: DL Nro. 33)


Der Alchemist - Stunden später ... - Vom Kupfervitriole | Literatur | Weitere Links

Der Alchemist

«Euer Hochgeboren, Ihr habt mich rufen lassen? Was gibt es denn so Dringendes? Zu Euren Diensten.» Sylomar Treskalan trat an den Vogt heran.

«Nun, Euer erster Bericht. Er ist mir unverständlich. Erklärt ihn mir. So daß ich ihn verstehe. Versteht Ihr?» Etwas wütend war der Vogt wohl heute morgen.

«Verzeiht, Euer Hochgeboren, nein», erwiderte Sylomar Treskalan.

Zornig stand Vogt Taradir von Bügenhobel auf: «Zeigt es mir! Was nutzt uns das?! »Transmutationen«?! Was ist das? Ist das gefährlich!? Oder könnt Ihr jetzt etwa Gold machen!?»

«Äähh, das, äähh, benötigt etwas Zeit, Herr Vogt ...», schwitzend und stotternd fiel Sylomar Treskalan auf die Knie.

«Dem Herrn Vogt platzt gleich der Kragen!» Die Stimme war bis in den letzten Winkel des Vogtguts zu hören. «Bei Hesinde, heut' nachmittag inspiziere ich Eure Laborräume, und da verlange ich, Ergebnisse zu sehen. Geht mir aus den Augen, bevor ich die Büttel hole!»

Stunden später ...

«Aahh, da seid Ihr ja, Euer Hochgeboren, ich habe Euch bereits erwartet, bitte tretet ein ins Laboratorium und nehmt Platz auf diesem Stuhl, bitte verzeiht, aber er ist nicht gepolstert, ich hoffe, Ihr seht genug, ich denke, Ihr werdet die Alchimie zu schätzen wissen, und ...»

«Schwatzt nicht, beginnt endlich», unterbrach der Vogt, eher gelangweilt als gereizt, die Ausführungen seines Alchemisten.

«Äh, nun gut. Paßt auf.»

Vom Kupfervitriole

«Also, in diesem Tiegelchen habe ich etwas vom Kupfervitriole in Wasser aufgelöst, so daß eine blaue Lösung entsteht.»

«Aha. Und woher habt Ihr dieses Kupfervitriol?»

«Nun, ich habe es selbst hergestellt. Ich habe Kupferstücke in heißem Brabaker Vitriol aufgelöst. Beim Abkühlen entstehen dann Kristalle vom Kupfervitriol.»

Kupfervitriol (Kupfer(II)-sulfat--Pentahydrat; CuSO4 · 5H2O) entsteht beim Auflösen von Kupfer in heißer verdünnter Schwefelsäure bei Luftzutritt und anschließender Kristallisation als große blaue durchsichtige Kristalle:
Cu + 1/2 O2 + H2SO4 -> CuSO4 + H2O -> CuSO4 · 5H2O

«Woher habt Ihr das Kupfer? Und was soll uns das blaue Kupfervitriol-Wasser in dem Tiegel nutzen?»

«Äh, das Kupfer habe ich erstanden, von Eurem Vorschuß, werter Vogt.»

«Gut, daß Ihr das noch wißt; fahrt fort.»

«Nun, hier sehen wir schon ein erstes Beispiel für eine Transmutation: Das Kupfer verschwindet, und es entstehen blaue Kristalle! Und nun seht her: In das Schälchen mit Kupfervitriol-Wasser tauche ich dieses blankgeputzte Stückchen Eisen. Nach einiger Zeit färbt sich das Eisen rostrot, und das blaue Kupfervitriol-Wasser wird farblos. Und jetzt ratet mal, was das ist, das sich da auf dem Eisen mit rostroter Farbe zeigt! -- Es ist Kupfer. Wieder eine Transmutation! Was sagt Ihr nun?»

Da das Eisen das unedlere Metall ist, verdrängt es das Kupfer aus der Lösung, d.h. vom Eisen gehen Eisen-Ionen in Lösung, auf dem Eisen scheiden sich Kupferatome ab; gemäß der elektrochemischen Spannungsreihe gilt:
Cu2+ + Fe -> Cu + Fe2+

«Und das passiert, wenn ich etwas Höllenstein-Pulver in Wasser löse und dann ein Kupferstück hineingebe: Das Kupferstück wird schwarz, und ich sage Euch, es ist Silber.»

In einer Lösung von Silbernitrat (AgNO3; «Höllenstein») passiert genau das Gleiche: Das Kupfer ist unedler als Silber und geht in Lösung, auf dem Kupferstück scheidet sich Silber ab.

Sprachlos und mit leicht gerunzelter Stirn beobachtete der Vogt das Treiben in der Alchimistenwerkstatt. Als der Meister sein Werk beendet hatte, erwartete er gespannt das Urteil.

«Also, Meister Treskalan, das ist erstaunlich! Da verschlägt es mir glatt die Sprache. Und da das nicht oft vorkommt, könnt Ihr Euch was darauf einbilden, bei Hesinde. Also, interessant sind diese Transmutationen schon, fürwahr. Nun, ich würde noch gern weiter Euren Ausführungen lauschen; ich sehe, meine Dukaten sind hier gut aufgehoben. Aber, werter Treskalan, Ihr wißt, wann ich den nächsten Bericht erwarte.»

Mit diesen Worten verließ der Vogt zufrieden «seinen» Alchemisten und das malerische Dorf Brückstetten und machte sich wieder nach Knoppsperg auf, voll der Erwartungen auf die kommenden Ausführungen des Meisters. Denn wer Eisen in Kupfer, und Kupfer in Silber verwandeln konnte, der kann wohl auch bald Blei in Gold ...

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Literatur

SCHWEDT, Georg:
Chemische Experimente in Schlössern, Klöstern und Museen.
WILEY-VCH Verlag, Weinheim 2002.

PRIESNER, Claus, FIGALA, Karin (Hrsg):
Alchemie -- Lexikon einer hermetischen Wissenschaft.
C. H. BECK, München 1998.

HOLLEMAN-WIBERG:
Lehrbuch der Anorganischen Chemie.
WALTER DE GRUYTER, Berlin, New York 91.-100. Auflage 1985.

 

(N. Karg)



Impressum -- Text © 2004 Norbert Karg, Graphik & Layout © 1999-2007 M. C. Herdt, Tübingen, BRD. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-12-30.


Dieser Artikel stammt aus:
[Der Darpatische Landbote]
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