Allerley Hanndwerck und Wissenswertes
5: Satz mit Bild und Wort
Der Schriftsetzer.
(Autorin: Marianne C. Herdt, 1998, Quelle: DL Nro. 8)
Im 15. Jahrhundert zählte man das Handwerk des Druckgewerbes zu den freien Künsten. Die Vertreter der »Schwarzen Kunst« waren den Universitäten und deren ausschließlichen Gerichtsbarkeit unterstellt. Vielerorts ordnete man sie den »Künstler-« oder »Schreiber-Zünften« zu, wie beispielsweise in Straßburg, wo noch 1502 verordnet wurde, daß die Drucker der Zunft der Goldschmiede, Schildermaler, Karten- und Briefmaler, Bildschnitzer, Glaser, Goldschläger und Armbrustmacher "dienen" sollen.
In der Tat waren seine Vertreter oft gleichermaßen kreativ wie handwerklich tätig, schnitten und gossen Setzer und Setzerinnen1 bis zum Anfang des 16. Jhdts. in der Regel ihre Schriften und Bilder selbst2.
In größeren Betrieben wurde der Gußbetrieb bald Zulieferern überlassen, die die Lettern zwar oftmals von weither lieferten, doch dafür hochspezialisiert waren.
In solchen Officinen wurden Setzer aufgrund ihres Wissens um die Sprache nebenbei als Corrector oder Faktor eingesetzt.
Die Separation des Setzerberufes setzte sich erst im Laufe des 17. Jhdt. durch, zur gleichen Zeit wie die Bildung erster Berufsinnungen. Mit der Zunahme der Schriftvielfalt wurden bald mehrere Setzer an einem Satz beschäftigt, wobei jeder Setzer einen Kasten anderer Schrift zu bedienen hatte. Die schweren Setzkästen standen an den Wänden und die Setzer, die oft in engen Kontoren mit dem Rücken zueinander arbeiteten, reichten sich auf ihren Winkeln die Satzelemente der benötigten Schriftart jeweils zu, bis der komplette Satz entstanden war. Eine solche Konstellation wurde treffenderweise »Arschgespann« genannt.
Noch gut hundert Jahre nach Gutenberg5 wurden neben gravierten und gegossenen auch hölzerne Lettern verwendet, in erster Linie bei größeren Schriftgraden, bei denen der Guß aufwendig war. Daniel Specklin, der 1580 - 90 die Straßburger Chronik verfaßt, sagt: »Ich habe die [...] Presse [und] auch die Buchstaben gesehen [...] waren ganz von Holtz geschnitten, auch gantze Wörter und Syllaben, hatten Löchle und faßt man an einer Schnur nacheinander mit einer Nadel, zoge sie nach den Zeilen in die Länge. Es ist schade, daß man solches Werk, welches das erste in aller Welt gewesen ist, hat lassen verloren gehen.«
Der Mann klagte zurecht, denn die Arbeitsweise im Satz veränderte sich mit Gutenbergs Erfindung dramatisch. Wichtigste Instrumente wurden nun der Setzkasten, in dessen über 100 Fächer die Lettern einsortiert waren, und der Winkelhaken, auf dem der Setzer die Lettern zusammenfügte. Geblieben ist aber die Notwendigkeit eines Handwerkers, der mit Geschick und ästhetischem Empfinden die Elemente zusammenfügt. Im Folgenden eine kurze Schilderung des Satz-Ablaufs, der sich in über 500 Jahren kaum veränderte:
Der Setzer setzt die mit der rechten Hand aus dem Setzkasten entnommenen Lettern in den Winkelhaken, den er in der linken Hand hält.
Dabei kann der Satz bereits mit nichtdruckenden Worttrennern ausgeschlossen, d.h., auf die gewünschte Zeilenlänge gebracht werden.
Die fertige Zeile wird mit einem Setzlinie genannten, flachen Heber in das Setzschiff gesetzt und so nach und nach eine Kolumne (Druckseite) aufgebaut.
Zwischen die Einzelzeilen werden dabei Regletten (dünne, nichtdruckende Teile) eingefügt, um den Durchschuß (Zeilenabstand) zu regulieren.
Ist eine Kolumne fertig, wird sie ringsum mit der Kolumnenschnur umbunden und zum Andruck bereitgelegt.
Nun wird eine Korrekturfahne gezogen, und vorausgesetzt, der Corrector befindet den Satz für jungfräulich, der Satz zur Imprimatur, also zum Druck freigegeben.
Eine aventurische Setzerin sollte nicht nur setzen, sondern auch die Presse bedienen oder Lettern gießen (Feinmechanik/Mechanik) und die übliche Grobarbeit eines Betriebes mitmachen. Es schadet nicht, wenn auch der Körper trainiert wird, denn Auseinandersetzungen mit verärgerten Lesern, Auftraggebern oder Lieferanten kann es immer wieder geben. Eine scharfe Zunge gehört sozusagen zur Grundausstattung, denn Buchstabenklauben und Worteverdrehen gehört ja zum Arbeitsalltag.
Wichtig für die Stadtbewohnerin ist neben der Zunft ein guter Draht zu den Oberen (Etikette), für die sie die Akzidenzen: Anzeigen, Einladungen, Bekanntmachungen und Formulare, setzt. Ihr täglich Brot verdient sie sich mit Mengensatz (Lesen/Schreiben, Rechnen). Dazu sollte sie den Umgang mit Geweihten und Magiern ebenso beherrschen, wie den mit dem einfachen Volk auf der Straße (Gassenwissen, Menschenkenntnis), das vor Nachrichten und Gerüchten oftmals strotzt.
(MCH)
Impressum -- Text © 1998 Marianne C. Herdt, Graphik & Layout © 1999-2007 M. C. Herdt, Tübingen, BRD. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-12-30.
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