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Allerley Hanndwerck und Wissenswertes

3: Der Papierer
... und das Papier.

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(Autorin: Marianne C. Herdt, 1998, Quelle: DL Nro. 5)


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Geschichte

Einer alten Legende nach entdeckte vor etwa 2000 Jahren der Chinese Tsai-Lun auf der Suche nach irgendeiner bedeutenden Erfindung, daß der gepreßte Brei aus der Rinde des Maulbeerbaumes als Beschreibstoff taugt. Man dürfte dem Manne wohl posthum gratulieren.

Zweifelsfrei nachgewiesen ist das Papier in China seit dem 1. Jhdt. vor Christus. Von dort aus kam es über Westasien, Arabien, Nordafrika in das Spanien des 12. Jhdts. und folgend nach Mitteleuropa.
   Die wahrscheinlich erste Papiermühle wurde 1144 bei Valencia errichtet. Sie erlaubte in verstärktem Maße die Verwendung alter Gewebe und Gespinste anstelle der bislang rein pflanzlichen Rohstoffe wie Papyrus und Hanf. Das früheste, heute noch erhaltene, bedruckte Papierprodukt ist eine italienische Tapete.

Die erste populäre Massenware waren Spielkarten1, dicht gefolgt von Packpapier in den süddeutschen Gewerbezentren.
   1377 fand das Sarazenische Kartenspiel den Weg nach Italien und über die Alpen. Als Glücksspiel um Geld verbreitete es sich in kurzer Zeit, so daß ab 1380 die deutsche Spielkartenproduktion einsetzte. Briefmaler und Backmodelschnitzer entdeckten mit der Produktion des Spieles aus mehreren aufeinandergeleimten Papierschichten neue Erwerbsmöglichkeiten.
   Europa vereinte sich spielend: Handbemalte Karten wurden von Italien nach Frankreich, mit Schablonen gezeichnete Karten von Frankreich nach Deutschland, mit Holzschnitten bedruckte Karten von Deutschland nach Italien gehandelt.

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1: Karte = aus dem lateinischen charta für Leinenpapier.
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Von Italien aus über Frankreich kam die »Weiße Kunst« nach Deutschland. 1389/90 errichtete Ulman Stromer vor den Toren Nürnbergs die erste deutsche Bütten-Papiermühle2. Noch im selben Jahr entstand eine weitere Mühle in Ravensburg.
   Anfang war Papier noch teuer3 und man ging sparsam damit um. Im September 1392 lieferte Stromer ein Ries Papier4 für zwei Gulden an die Reichsstadt Nürnberg, die nur langsam ihren Schriftverkehr auf das neue Medium umstellte.

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2: auch Gleiß- oder Hadermühle genannt.
3: Eine Papiermühle erzeugte damals in 16 Arbeitsstunden etwa 100 kg oder 5000 Bogen Büttenpapier.
4: Ein Ries Papier = 480 Bogen Schreib- bzw. 500 Bogen Druckpapier.
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In den folgenden 50 Jahren entstanden unzählige Papiermühlen. In einigen Gegenden ließ die steigende Zahl Hersteller den Preis gar derart sinken, daß Papier als Massenware behandelt werden konnte. Es ist anzunehmen, daß dort sowohl das Klopapier als auch der Bierdeckel erfunden worden sind.

Dennoch tendierten aber viele Künstler und Adelige dazu, sich ihr spezielles Lieblingspapier aus fernen Landen importieren zu lassen. Raffinierterweise förderten die Papierhersteller diese Entwicklung mit ihren Wasserzeichen und freuten sich an der Nachfrage nach »Markenware«. So fuhren bis in das 16. Jhdt. hinein unzählige Papiertransporte von links nach rechts und umgekehrt über alle Grenzen Europas.

Erst 1799 erfand der Franzose Louis Robert eine Papiermaschine, die Papier in endloser Bahn herstellt. Als Rohstoff diente noch immer Hadern.
   1844 gelang es dann Gottfried Keller, Holzschliff herzustellen und als Massenrohstoff zu verwenden. Schließlich erfand Dr. Mitscherlich 1878 ein Verfahren zur Zellstoffgewinnung aus (grobem) Holz.

Die Arbeit des Papierers:

BuettenarbeitAm Anfang stand der Lumpensammler, der die Hadern aus Leinen, Baumwolle oder Seide einsammelte und zur Mühle brachte. Aus diesem Grund entstanden die ersten Papiermühlen in der Nähe von Städten. In der Mühle wurde der Rohstoff dann gleichmäßigem Wasserfluß ausgesetzt, von schweren Stampfkolben erst gereinigt, dann zerrissen und zu Brei zerklopft.

In Gegenden mit wenig Lumpenaufkommen wurde mit Gräsern (z.B. nordafrikan. Alfa- od. Espartogras), Getreidehalmen (Weizen- oder Roggen-Stroh), Rinden (Bast), Reisstroh oder Bambus gestreckt. Das Gemisch wurde -- wiederum unter ständiger Wasserzufuhr -- zwischen Mühlsteinen zermahlen, wobei ein Schüttelsieb zu grobe Reste auffing.

Den entstandenen Brei fing der Papierer in einem Bottich bzw. einer Bütte auf und produzierte daraus unter Zusatz verschiedener Mittel (Leim, Farben) eine milchigtrübe Flüssigkeit. Aus dieser schöpfte er die Papiermasse mit einem gerahmten Sieb und schüttelte es, bis sich die Fasern verfilzten. Zuletzt wurden die Bögen aus Büttenpapier zwischen Filzmatten gegautscht (zur Entwässerung gepreßt) und zum Trocknen aufgehängt.

Der Papierer im Spiel

Büttenpapier wurde ab Werk, in Läden und Marktbuden verkauft oder auf Bestellung zu (vornehmeren) Kunden in ganz Europa geliefert.
   Ein Papierer im Spiel kann ein ortsfester und -kundiger Handwerker oder Geschäftsreisender in Sachen Weißer Kunst sein. In jedem Fall wird ein Papiermühlenbesitzer -- schon durch seine Beziehungen zur Obrigkeit -- ein angesehener und respektierter und mit Vorsicht zu behandelnder Charakter sein.
   Neid und Ärger wird aber seine Mühle verursachen, denn sie ist einerseits eine Dukatenquelle für ihn und (via Steuer) die Herrschenden, andererseits für Fischer, Färber und Wäscher unterhalb der Mühle ein Umweltärgernis erster Güte. Und die herumziehenden Lumpensammler werden oftmals argwöhnisch betrachtet ...

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Wichtige Talente

Pflanzenkunde (KL/IN/FF)
»Das Zeug taugt nichts! Ich hab' Dir zigmal gesagt, ich kann kein ordinäres Gras brauchen ...«

Feilschen (MU/KL/CH), Schätzen (KL/IN/IN)
»... und für die drei Hadernballen kann ich Dir höchstens zehn Heller geben -- die Zeiten sind hart und was Du da hast, das kann ich nur mit Müh' verarbeiten!«

Holzbearbeitung (KL/FF/KK), Mechanik (KL/KL/IN)
»Corva, das kann doch nicht so schwer sein? Der Umsetzer am Gautschbalken ist doch ganz einfach gebaut! Laß mich mal selber ran ...«

Menschenkenntnis KL/IN/CH), Etikette (KL/CH/GE), Bekehren/Überzeugen (KL/IN/CH)
»Für Euer Gelehrtheit kann ich aus dem Posten für die Fürstin bestimmt noch einige Bögen besten Büttens abzweigen. Das Wasserzeichen garantiert die Qualität!«

Lesen/Schreiben (KL/KL/FF), Malen/Zeichnen (KL/IN/FF)
»Natürlich ist es geeignet! Ich selbst verwende das Papier für meine Steuererklärungen und mein Mann für seine berühmten Gemälde!«

Rechnen (KL/KL/IN)
»Ein Ries Bütten Klasse II und ein halb Ries Klasse I und den Quartbogen dazu, das macht für Euch ...«

Geographie (KL/KL/IN), Sternkunde (KL/KL/IN)
»Ob Perricum, Gareth, Havena -- oh glaubt mir, ich kenne jedes Nest dazwischen!«

Sprachen kennen (KL/IN/CH)
»Der süße Wohlklang Eurer Sprache ist mir aus alten Tagen schon geläufig und wie zur Schrift geschaffen ...«

Fahrzeug lenken (IN/CH/FF)
»Warum in der Zwölfe Namen mußte mir der Meister statt des Gauls nur diesen störrischen Esel geben?«

Gassenwissen (KL/IN/CH), Glücksspiel (MU/IN/IN), Falschspiel (MU/CH/FF)
»Gut, daß ich mir etwas von dem Papier zurückgelegt habe. Das merkt der Dorftrottel nie... auweh -- Zeit zu verschwinden!« (Gedanken eines Papierergesellen beim Kartenspiel)

(M. C. Herdt)


Impressum -- Text © 1998 Marianne C. Herdt, Graphik & Layout © 1999-2007 M. C. Herdt, Tübingen, BRD. Alle Angaben und Verknüpfungen ohne Gewähr. Datum der letzten Änderung: 2007-12-30.


Dieser Artikel stammt aus:
[Der Darpatische Landbote]
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